Ich habe das Thema Kunst, Kunstschaffende und Kunstmarkt schon in der Historie meiner früheren Blogs aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und diskutiert. Nachfolgend nochmals ein paar aktuelle Gedanken dazu.
Meine persönliche Ausgangslage im kreativen Zirkus ist entspannt. Ich agiere ohne Zwang aus einer komfortablen finanziellen Situation heraus. Mein einziger limitierender Faktor ist die verfügbare Zeit und meine im Zweifelsfall persönlichen, handwerklichen und kreativen Schwächen. Ob mein Output dann tatsächlich als „Kunst“ zu bezeichnen ist, spielt letztlich keine Rolle.
Ähnliche wie ich, agieren Millionen andere Hobbykünstler, die mal mehr, mal weniger ernsthaft ihrer kreativen Beschäftigung nachgehen.
Daneben gibt es Menschen, die die Kunst als Beruf/Berufung verstehen, sich ihr komplett verschreiben und davon leben wollen. Ein denkbar mutiges und schwieriges Unterfangen, bei dem sich einige zentrale Fragen stellen:
- Wie verkaufe ich mein Werk?
- Wie schaffe ich überhaupt ein Publikum / einen Markt?
- Wie werde ich im ohrenbetäubenden Grundrauschen der anderen Millionen (Hobby)Künstler gehört?
Die ebenso banale wie brutale Wahrheit lautet aus meiner Sichtweise mit einer Riesenportion Glück und enorm viel Arbeit. Die Idee einfach so entdeckt zu werden, sollte man getrost wieder zu den Akten legen. Die Wahrscheinlichkeit rangiert in ähnlichen Sphären wie der berühmte 6er im Lotto.
Social Media bespielt sowieso so ziemlich jeder. Damit wären wir wieder beim Problem des undurchdringlichen Grundrauschens. Was aber dazu kommt, ist die häufig entstehende Blase ähnlich gelagerter Akteure, die sich gegenseitig mit ihren Posts liken, ein Printtausch hier, ein gelegentlicher Privatverkauf zum Freundschaftspreis da, aber ein nennenswertes kaufkräftiges und -williges Publikum wird damit nur bedingt geschaffen. Nicht falsch verstehen, Vernetzung ist super und auf Social Media kann und sollte man zur Aussendarstellung vermutlich nicht mehr verzichten, aber es ist ein enormer Zeitfresser, dessen Hebelwirkung aus meiner Sichtweise überschaubar ist.
Mentoren und Mäzene – ein heisses Eisen. Mäzene dürften noch seltener sein als pinke Einhörner in der Wüste. Wie man zu einem kommt, bleibt ein wohl gehütetes Geheimnis und ob die Interessen eines Mäzens dann immer uneigennützig und strikt kunstausgerichtet sind, lassen wir mal dahingestellt. Ähnlich verhält es sich mit Mentoren, die sich gerne nach aussen gönnerhaft geben, in ihrer Glorie sonnen und sich mit aufstrebenden Talenten schmücken, die in hoffnungsvoller Erwartung einiger Brotkrumen des Meisters über Wochen und Monate ausharren, um letztlich einige Hilfsdienste zu leisten und nicht selten ihrer frischen Ideen beraubt zu werden. Energievampire sind weiter verbreitet als man denkt, und die etablierte Künstlerszene ist gespickt mit Egomanen und Narzissten. Wie immer bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel.
Was also hilft? Zunächst das Lösen von der romantischen Idee der Kunst. Das Business ist knallhart, ungerecht und das Umfeld eine Schlangengrube. Ohne ein echtes Portfolio sollte man überhaupt nicht darüber nachdenken, ins Rennen um die Kunst als Broterwerb zu gehen. Zehn Serien anfangen und keine davon präsentabel zu haben, hilft nicht, man kann nicht stetig nur im Prozess sein.
Eigene Ausstellungen organisieren. Das ist wie in der Politik. Es fängt klein und lokal an, bevor es – wenn überhaupt – mal international wird. Im Cafe, dem Gemeindesaal, bei Freunden – wenn wir bei der Fotografie bleiben, dann überträgt sich der Reiz eines Prints nur wenn man ihn in Natura sieht und nicht als komprimiertes Internetbildchen. Vernetzen, von anderen lernen, eigene Erfahrungen bereitwillig tauschen.
Kritikfähig werden. Ich weiss das ist hart. Neben der üblicherweise starken Unsicherheit und Selbstkritik des Künstlers, schwingt bei jedem Werk trotzdem immer der Stolz mit, wenn man etwas zeigt. Wenn es dann in der Luft zerrissen wird, muss man das aushalten und ggf. auch annehmen können.
Beiträge bei Wettbewerben einreichen. Die Jury kann noch so schlecht und befangen sein, zumindest bringt man seinen Namen ins Rennen und eine Lerneffekt ist auch hier garantiert.
In Sachen Selbstbestimmung und notwendigem Realismus gehört vermutlich auch dazu, sich nicht zu Schade für Jobs zu sein, die genug Geld zum Leben und für Material in die Börse spülen. An der Kasse sitzen und Kellnern haben schon ganz Grosse hinter sich gebracht, das ist keine Schande und ein kreativer Impuls aus Alltagserlebnissen ist nicht ausgeschlossen.
Unterm Strich bleibt, dass auch ich kein Patentrezept präsentieren kann. Es gibt so viele Facetten zum Thema, dass man Seite über Seite darüber schreiben könnte. Für mich bleibt die Erkenntnis, dass bei all dem gelegentlichen „Neid“ auf die Berufskünstler, ich froh über meine Komfortzone bin. Vollzeitkünstler werde ich, wenn ich mal in Rente gehe.